Behind the Scenes: Wie Preise in der Gastronomie entstehen

Behind the Scenes: Wie Preise in der Gastronomie entstehen

Wer kennt es nicht? Man sitzt gemütlich im Lieblingscafé, blättert durch die Speisekarte und fragt sich stirnrunzelnd: „8,90 Euro für Avocado auf Toast? Echt jetzt?“ Aber bevor man sich vorschnell empört und die Gabel niederlegt, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen der Gastronomie. Denn was auf unserem Teller landet, hat oft eine längere Reise – sowohl kulinarisch als auch kalkulatorisch – hinter sich. In diesem Artikel nehmen wir uns Zeit, die Preisgestaltung in Restaurants, Cafés und Imbissen unter die Lupe zu nehmen. Und ja, es bleibt dabei durchaus charmant – ganz im Stil von Martina Vogel: wirtschaftlich solide, sachlich klar, mit einem Augenzwinkern.

Warum ein Gericht mehr kostet als die Summe seiner Zutaten

Beginnen wir mit einem kleinen Gedankenexperiment. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen folgende Zutaten im Supermarkt:

  • 1 reife Avocado: 1,89 €
  • 2 Scheiben Sauerteigbrot: ca. 0,60 €
  • Etwas Zitronensaft, Chili und Salz: ca. 0,30 €

Macht in Summe etwa 2,79 €. Und doch verlangt das Café um die Ecke fast neun Euro für dasselbe Gericht. Das kann doch nicht sein – oder?

Die Zauberformel: Gemeinkosten + Personal + Gewinn

Der Gastronomiepreis lässt sich nicht allein aus den Zutaten ableiten. Die tatsächliche Kalkulation ist deutlich komplexer – und das ist auch gut so. Hier ein Überblick über die Komponenten, die den Preis auf der Rechnung mitbestimmen:

  1. Wareneinsatz: Das ist der Einkaufspreis der Zutaten. In der Regel machen diese rund 25–35 % des Verkaufspreises aus.
  2. Personalkosten: Küche, Service, Reinigung – alle wollen (zurecht!) fair bezahlt werden. Diese machen oft 30–40 % aus.
  3. Miete & Nebenkosten: Speziell in Großstädten ein echtes „Schmankerl“ auf der Kostenseite. Strom, Wasser, Gas, Müllentsorgung – all das wird eingerechnet.
  4. Verwaltung & Marketing: Website, Buchhaltung, Werbung – auch das trägt zum Endpreis bei.
  5. Gewinnmarge: Kein Unternehmer arbeitet ohne Gewinn. Üblich sind hier 5–15 %.

Zusammen ergibt das den sogenannte Kalkulationsaufschlag, der aus einem einfachen Snack ein gastronomisches Erlebnis – mit Rechnung – macht.

Ein Fallbeispiel: Espresso für 3,20 €

Nehmen wir ein anderes Beispiel, das hitzige Diskussionen vom Küchentisch bis zur Online-Community auslöst: der stolze Preis eines Espresso. Für viele ist das schwarze Gold der Inbegriff italienischer Kaffeekultur – aber warum kostet es in manchen Cafés plötzlich 3,20 €?

Schluck für Schluck kalkuliert

Hier ein Blick auf die realistische Kalkulation:

  • Kaffeebohnen (hochwertig, fair gehandelt): ca. 0,50 € pro Portion
  • Wasser, Stromverbrauch der Maschine: 0,05 €
  • Amortisierung der Espressomaschine: 0,15 €
  • Barista-Personal: 0,90 €
  • Service & Nebenkosten: 1,20 €
  • Marketing & Steuern: 0,20 €

Summe: 3,00 €. Bleibt ein Gewinn von etwa 0,20 €, wenn man es realistisch betrachtet. Kaum zu glauben – aber wahr!

Der Einfluss von Standort und Zielgruppe

Ein Café in Berlin-Mitte kann nicht dieselben Preise verlangen wie ein Dorfgasthof im Bayerischen Wald – und umgekehrt. Warum? Weil Preise in der Gastronomie immer auch vom Standort und der Zielgruppe abhängen.

Was die Wirtschaft uns lehrt

Die wirtschaftliche Grundlage dafür nennt sich Preiselastizität der Nachfrage. Will heißen: Wie stark reagiert der Gast auf Preisänderungen? In einer hippen Großstadt mit zahlungskräftigem Publikum und teuren Mietpreisen sind höhere Preise oft akzeptabler. In einer Region mit geringerer Kaufkraft oder starker Konkurrenz sieht das schnell ganz anders aus.

Deshalb ist es für die Gastronom:innen entscheidend, ihre Zielgruppen genau zu kennen und entsprechend zu kalkulieren.

Saison, Inflation und Überraschung: Der schwankende Wareneinsatz

Natürlich spielen auch äußere Faktoren eine bedeutende Rolle. Zwei davon, die der Gastronomie besonders zu schaffen machen:

  • Inflation: Steigen die Preise für Lebensmittel, Energie oder Transport, müssen auch die Gerichtspreise angepasst werden – oder die Margen schrumpfen.
  • Saisonalität: Frische Erdbeeren im Winter? Nicht nur kulinarisch zweifelhaft – auch massiv teuer im Einkauf.

Deshalb setzen viele Restaurants mittlerweile auf variable Speisekarten, die mit den Jahreszeiten und Marktverfügbarkeiten variieren. Das steigert nicht nur die Qualität, sondern hilft auch bei der wirtschaftlichen Planung.

Transparenz als Wettbewerbsvorteil

Immer mehr Gäste achten auf Nachhaltigkeit, Herkunft der Produkte und faire Preise. Gastronom:innen, die offen kommunizieren, woher ihre Zutaten stammen und wie die Preise kalkuliert sind, können damit Vertrauen gewinnen – und sich positiv vom Wettbewerb abheben.

Ein Beispiel: Ein Restaurant, das in der Karte offenlegt, dass seine Eier vom Biohof 10 km entfernt stammen und dass 40 % des Gerichtpreises in Löhne gehen, präsentiert sich nicht nur nachhaltig – sondern zeigt auch wirtschaftliche Souveränität.

Martinas Fazit mit einem Augenzwinkern

Liebe Leserinnen und Leser, als Wirtschaftsexpertin mit einem Faible für ehrliche Analysen und einer heißen Liebe zu gutem Kaffee kann ich Ihnen sagen: Preise in der Gastronomie entstehen nicht aus Luft und Avocados allein. Sondern aus einem komplexen Geflecht aus Kosten, Erwartungen, Qualität und – ja – manchmal auch einer Prise Mut.

Wenn Sie also das nächste Mal in einem Café sitzen, denken Sie vielleicht kurz an die stille Excel-Tabelle im Hintergrund, bevor Sie den Preis kritisieren. Und wenn der Espresso schmeckt, der Service freundlich war und Sie mit einem Lächeln hinausgehen? Dann war es vermutlich jeden Cent wert.

Und wenn Sie noch Fragen zur wirtschaftlichen Seite des Alltags oder zur Preisgestaltung in anderen Branchen haben – schreiben Sie gerne. Ich bin erreichbar unter Kontakt oder schauen Sie vorbei bei Über uns.

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Erfahrene Wirtschaftsjournalistin mit starkem Fokus auf Transparenz und gesellschaftliche Wirkung von Finanzen. Autorin preisgekrönter Kolumnen, Bloggerin und Analystin globaler Märkte. Neugierig, kritisch und engagiert für finanzielle Aufklärung.

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