Inflation im Einkaufswagen: Wie viel mehr zahlen wir wirklich?

Inflation im Einkaufswagen: Wie viel mehr zahlen wir wirklich?

Stellen Sie sich vor, Sie stehen wie jeden Samstagmorgen im Supermarkt. Die Einkaufsliste ist geschrieben, der Wagen rollt, und alles läuft wie immer – bis Sie an der Kasse stehen. Die Kassiererin nennt Ihnen den Betrag und Sie denken nur: „Moment mal … das kann doch nicht sein?!“ Willkommen im Alltag 2024, wo Preissteigerungen uns nicht nur auf der Stromrechnung begegnen, sondern direkt im Einkaufswagen landen.

Ich bin Martina Vogel – Ökonomin, Mutter zweier Teenager, leidenschaftliche Kaffeetrinkerin und Beobachterin unseres ganz normalen Finanzalltags. In der heutigen Ausgabe von Wirtschaft im Alltag schauen wir gemeinsam hinter die Kulissen der Teuerung und klären, wie viel mehr wir beim Einkaufen wirklich zahlen – und vor allem: warum.

Was ist Inflation überhaupt – und wie misst man sie?

Warum kostet Butter jetzt 3 Euro statt 1,29 € wie früher? Um das zu verstehen, müssen wir kurz (versprochen!) klären, was Inflation eigentlich ist. Sie beschreibt den allgemeinen Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen über einen bestimmten Zeitraum. Gemessen wird das Ganze meist mit dem Verbraucherpreisindex (VPI) – ein für Deutschland zentraler Indikator, zusammengestellt vom Statistischen Bundesamt. Dabei wird ein fiktiver Warenkorb beobachtet, der typisch für den durchschnittlichen Konsum ist: von Brot über Kleidung bis hin zu Mieten.

Allerdings spüren wir die Inflation oft anders, weil unser persönlicher Warenkorb eben individuell ist. Ich zum Beispiel kaufe deutlich mehr Hafermilch, Naturjoghurt und Brokkoli als der Durchschnittsdeutsche. Bedeutet: Die Inflation fühlt sich für mich anders an als auf dem Papier.

Lebensmittelpreise im Höhenflug – ein Blick auf die Zahlen

Analysen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass die Preise für Nahrungsmittel seit 2021 um über 20 Prozent gestiegen sind. Doch die Unterschiede innerhalb einzelner Produktgruppen sind frappierend:

  • Speiseöle und -fette: +48%
  • Mehl und Getreideprodukte: +30%
  • Milchprodukte und Eier: +23%
  • Obst und Gemüse: +15–20%

Wenn Sie also das Gefühl haben, dass Ihr Einkauf plötzlich 20 Euro mehr kostet – Sie bilden sich das nicht ein. Gerade Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen trifft diese Preisexplosion besonders hart, weil ein größerer Teil ihres Einkommens fürs tägliche Leben draufgeht.

Warum ist überhaupt alles teurer geworden?

Die Ursachen für die Inflation sind vielfältig, global und leider ziemlich hartnäckig. Hier ein Überblick über die wichtigsten Treiber:

  1. Lieferengpässe und gestörte globale Lieferketten: Die Pandemie hat gezeigt, wie verwundbar unsere Weltwirtschaft ist.
  2. Energiepreise: Der Krieg in der Ukraine ließ Öl- und Gaspreise in die Höhe schnellen. Energie ist jedoch in sämtlichen Produktions- und Transportprozessen nötig – also explodieren auch die Lebensmittelpreise.
  3. Klimawandel: Dürren, Fluten und Ernteausfälle führen zu höheren Kosten insbesondere bei Gemüse, Getreide und Obst.
  4. Erhöhte Nachfrage: Nach der Pandemie wollten plötzlich alle wieder konsumieren – das trieb die Preise zusätzlich.

Ein Wort, das uns hier oft begegnet, ist „Preis-Lohn-Spirale“. Unternehmen geben gestiegene Kosten weiter, Arbeitnehmer fordern höhere Löhne – und das wiederum kann die Preise erneut steigen lassen. Kein schöner Tanz.

Der gefühlte Einkaufswagen – ist alles wirklich 20 % teurer?

Studien zeigen: Unser subjektives Empfinden der Inflation liegt oft über der statistischen Realität. Warum? Psychologen sprechen vom Verfügbarkeits-Bias: Wir erinnern uns besonders gut an Produkte, deren Preis sich stark verändert hat. Dass Äpfel mal günstiger, mal teurer sind, akzeptieren wir. Aber wenn das Päckchen Butter über Nacht 1 € mehr kostet, bleibt das hängen.

Ein Beispiel aus dem Alltag:

Nehmen wir einen typischen Wocheneinkauf für eine vierköpfige Familie im Jahr 2021 und vergleichen ihn mit dem Jahr 2024:

Produkt Preis 2021 Preis 2024
Milch (1L) 0,89 € 1,29 €
Eier (10 Stück) 1,49 € 2,19 €
Butter (250g) 1,29 € 2,49 €
Brot 2,50 € 3,29 €

Gesamter Mehrbetrag? Rund 4-5 Euro – und das nur bei wenigen Basisprodukten.

Strategien gegen den Preisschock – einkaufen wie eine Finanzexpertin

Und nun? Aufgeben und nur noch Tütensuppe essen? Sicher nicht! Als Wirtschaftsjournalistin mit Hang zum Couponing habe ich in den letzten Monaten einige bewährte Tricks gesammelt, die helfen, die Einkaufskosten zu zähmen:

1. Vorratsplanung & Angebotsvergleich

Wer weiß, was er kochen möchte, kauft gezielter. Achten Sie auf Wochenangebote, vergleichen Sie Kilopreise und vermeiden Sie Spontankäufe, die ins Geld gehen.

2. Regional & saisonal denken

Erdbeeren im Dezember? Teuer und ökologisch fragwürdig. Setzen Sie lieber auf saisonale Produkte – die schmecken besser und sind oft günstiger.

3. Discounter nutzen – clever, nicht blind

Die Qualität vieler Eigenmarken ist heute bewusst hoch. Achten Sie auf Testsiegel und Zutatenlisten. Der Preis muss nicht mehr über Qualität entscheiden.

4. Weniger ist mehr

Besser kleinere Mengen hochwertiger einkaufen, statt kiloweise Wurst, die dann doch im Müll landet. Vermeidung von Lebensmittelverschwendung ist bares Geld wert.

Und was macht die Politik?

Der Staat versucht gegenzusteuern – durch Einmalzahlungen, erhöhte Sozialleistungen und teils temporäre Steuererleichterungen (wie Senkungen der Umsatzsteuer auf Gas). Doch um die strukturellen Ursachen zu bekämpfen, braucht es langfristige Lösungen: nachhaltige Landwirtschaft, weniger Abhängigkeit von fossiler Energie, fairere Löhne – und eine echte Strategie für finanzielle Bildung.

Fazit: Preissteigerung mit kühlem Kopf begegnen

Inflation betrifft uns alle. Der eine spürt es mehr beim Abendessen, der andere beim Tanken. Doch statt uns hilflos zu fühlen, können wir aktiv werden – mit kluger Planung, besserem Konsum und politischem Bewusstsein.

Egal ob Hafermilch oder Hackfleisch – die aktuellen Preise sind kein Naturgesetz. Sie sind Ausdruck globaler Prozesse, auf die wir zumindest teilweise Einfluss nehmen können – durch unser Kaufverhalten, durch unsere Stimme als Wählerinnen und nicht zuletzt durch Information. Und genau deswegen gibt es diese Kolumne.

Bis zum nächsten Einkauf – und denken Sie daran: Wissen spart bares Geld!

Ihre,

Martina Vogel

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Erfahrene Wirtschaftsjournalistin mit starkem Fokus auf Transparenz und gesellschaftliche Wirkung von Finanzen. Autorin preisgekrönter Kolumnen, Bloggerin und Analystin globaler Märkte. Neugierig, kritisch und engagiert für finanzielle Aufklärung.

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