
Reichen ETFs zum Vermögensaufbau? Der Steueraspekt entscheidet
Reichen ETFs zum Vermögensaufbau? Der Steueraspekt entscheidet
Wenn es um effektiven Vermögensaufbau geht, dann landet man früher oder später bei ETFs – diesen charmanten, kostengünstigen Indexfonds, die sich wie ein Buffet gesunder Finanzen präsentieren. Doch bevor wir jetzt euphorisch loslegen und monatlich 500 Euro in den MSCI World schieben, sollten wir einen Aspekt nicht unterschätzen: den steuerlichen Rattenschwanz, der beim ETF-Sparen mitschwingt.
Ich bin Sabine Hartmann, Steuerstrategin, Finanzmentorin und bekennende Verfechterin von pragmatischer Geldanlage. Heute werfen wir gemeinsam einen Blick darauf, ob ETFs allein wirklich zum Vermögensaufbau reichen – und warum der Steueraspekt darüber entscheiden kann, ob dein Depot langfristig rockt oder lahmt.
ETFs als Baustein für den Vermögensaufbau
ETFs sind für viele Anleger*innen die erste Wahl. Warum? Weil sie:
- Kostengünstig sind – niedrige Verwaltungsgebühren im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds
- Breit diversifiziert – über Märkte, Branchen und Länder hinweg
- Einfach zugänglich – mit wenigen Klicks im Depot oder Sparplan integriert
Tatsächlich kann ein gut aufgestelltes ETF-Portfolio, kombiniert mit Disziplin und Zeit (Hallo Zinseszinseffekt!), zur echten Vermögensmaschine werden. Aber eben nur, wenn du deine stille Mitinhaberin am Tisch nicht ignorierst: das Finanzamt.
Die steuerliche Behandlung von ETFs in Deutschland
Seit der Investmentsteuerreform 2018 hat sich einiges getan. Früher war es ein ziemliches Steuer-Dschungel-Abenteuer, heute ist vieles vereinfacht – aber nicht unbedingt steuerlich günstiger.
1. Die Vorabpauschale – Steuer auf Gewinne, die du (noch) nicht hast
Die sogenannte Vorabpauschale ist eine Besonderheit in der deutschen ETF-Besteuerung. Auch wenn du deine Anteile nicht verkaufst, kann das Finanzamt eine Steuer verlangen – einfach, weil deine ETF-Anteile im Wert gestiegen sind.
Sie wird jedes Jahr berechnet (sofern der Basiszinssatz positiv ist – was in Niedrigzinszeiten zum Glück oft nicht der Fall war) und anhand eines fiktiven Gewinns besteuert. Ja, willkommen in der Steuer-Matrix.
2. Teilfreistellungen – bisschen Luft zum Atmen
Um der Doppelbesteuerung entgegenzuwirken, gibt es die sogenannte Teilfreistellung. Diese hängt davon ab, in welche ETFs du investierst:
- Aktien-ETFs: 30 % Teilfreistellung
- Mischfonds: 15 % Teilfreistellung
- Immobilienfonds: bis zu 60 % (je nach Fokus)
Heißt: Bei einem Aktien-ETF musst du nur 70 % deiner Erträge versteuern. Das hilft, aber macht die Auswahl plötzlich strategisch relevant.
3. Steuerfreibetrag clever nutzen
801 Euro (bzw. 1.602 Euro bei verheirateten Paaren) sind steuerfrei – zumindest, wenn du dem Broker einen Freistellungsauftrag erteilt hast. Kein Auftrag, keine Steuerbefreiung. So einfach und so oft vergessen.
Wie sich Steuern auf deinen Vermögensaufbau auswirken
Vorab: Steuern sind kein Grund, das Investieren zu unterlassen! Aber sie beeinflussen deine Netto-Rendite enorm. Noch deutlicher wird es mit einem Rechenbeispiel:
Beispiel: Zwei Anleger, zwei Welten
- Anlegerin A: ETF auf den MSCI World, thesaurierend, keine Steuerstrategie
- Anleger B: Gleiches ETF-Investment, aber nutzt Freistellungsauftrag und verkauft gezielt Anteile in Jahren mit geringem Einkommen
Nach 20 Jahren mit identischem Sparplan hat Anleger B durch steueroptimierte Verkäufe über 10 % mehr Nettovermögen aufgebaut. Klingt unspektakulär? Bei 150.000 Euro macht das mal eben 15.000 Euro Unterschied! Und dafür musst du weder Lotto spielen noch Bitcoin traden – nur clever planen.
Thesaurierend oder ausschüttend – eine wichtige Weichenstellung
Ob ein ETF seine Erträge thesauriert (wieder anlegt) oder ausschüttet, beeinflusst sowohl den Zinseszinseffekt als auch deine Steuerlast:
- Thesaurierer: Kein Cash auf dem Konto, aber Vorabpauschale möglich
- Ausschütter: Regelmäßige Erträge, die sofort versteuert werden
Gerade im Vermögensaufbau empfehlen viele Experten thesaurierende ETFs, weil das Geld „im System bleibt“. Aber steuerlich musst du damit rechnen, dass du Steuern auf Geld zahlst, das du nie in der Hand hattest. Unangenehm? Ja. Planbar? Auch ja.
Steuerstrategien für ETF-Anleger*innen
Jetzt wird’s spannend. Denn mit dem richtigen Wissen kannst du nicht nur Steuern sparen, sondern dein Vermögen tatsächlich beschleunigen.
1. Steuerfreibeträge ausschöpfen
Wie schon erwähnt: Freistellungsauftrag nicht vergessen! Bei mehreren Depots aufteilen – und regelmäßig prüfen.
2. Günstiger Prüfung nach §32d Abs. 6 EStG nutzen
Wer wenig Gesamteinkommen hat (Studierende, Sabbatical-Nehmerinnen oder Vorruheständler), kann über eine Steuererklärung eine Günstigerprüfung beantragen – und eventuell Kapitalerträge mit dem normalen Einkommensteuersatz (statt 25 % Abgeltungsteuer) versteuern. In vielen Fällen ist das billiger.
3. Clevere Verlustverrechnungstöpfe nutzen
Wer auch aktiv tradet oder mal kurzfristig Verluste einfährt, kann diese gegen zukünftige Gewinne rechnen lassen – einiges davon sogar depotübergreifend.
4. Vermeidung unnötiger Verkäufe
Ein ETF-Sparplan lebt vom Buy-and-Hold-Prinzip. Jeder Verkauf kann Steuern auslösen. Wer strategisch verkaufen will, sollte dies in Jahren mit geringen Einnahmen tun – oder gestückelt über mehrere Jahre hinweg.
Fazit: ETFs allein reichen – aber nur MIT Steuerstrategie
ETFs sind ein wunderbarer Hebel für den langfristigen Vermögensaufbau. Doch wie beim Autofahren reicht es nicht, einfach ins Gas zu treten – du brauchst auch die Bremse (aka Steuerstrategie), um sicher ans Ziel zu kommen.
Ohne das Wissen um die steuerlichen Fallstricke riskierst du, unnötig viel Rendite an den Staat zu verlieren. Mit dem richtigen Plan hingegen legst du dir einen Turbo ins Depot, der über Jahre und Jahrzehnte wirkt.
Und falls du jetzt denkst „Puh, ganz schön komplex“, keine Sorge: Die gute Nachricht ist, du musst kein Steuerprofi werden. Du brauchst nur ein bisschen Verständnis, Struktur und ein Auge fürs Detail.
Also: ETF ja – aber Steuerstrategien bitte nicht vergessen!
Mehr über mich findest du auf unserer Über uns-Seite. Und wenn du Fragen hast, erreichst du mich direkt über Kontakt. Mach dein Geld nicht nur mehr – mach es smarter!
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