Von Schulden und Chancen: Warum Kredite Fluch und Segen zugleich sind

Von Schulden und Chancen: Warum Kredite Fluch und Segen zugleich sind

Ich heiße Martina Vogel, und wenn ich eins in meinem Leben gelernt habe, dann ist es dies: Geld spricht – und oft ziemlich laut. In meiner Kolumne “Wirtschaft im Alltag” beschäftige ich mich mit den kleinen großen Finanzfragen des Alltags. Heute geht es um etwas, das wahrscheinlich jede*r von uns schon mal überlegt, beantragt oder verteufelt hat: Kredite. Sind sie wirklich der Anfang vom finanziellen Untergang? Oder vielleicht doch ein Türöffner zu neuen Möglichkeiten?

Das zwiegespaltene Wesen des Kredits

Ein Kredit ist im Grunde genommen nichts anderes als geliehenes Geld. Du bekommst heute etwas, das du morgen (oder besser übermorgen) zurückzahlst – natürlich mit Zinsen. Das klingt simpel, ist aber oft ein Drahtseilakt zwischen Hoffnung und Risiko. Und genau darin liegt der Reiz. Kredite können befreiend wirken – oder ketten dich an das radelnde Hamsterrad der Rückzahlung.

Warum also wagen sich Menschen trotzdem regelmäßig in die Welt der Schulden? Weil ein Kredit genau dann Sinn macht, wenn man ihn verantwortungsvoll einsetzt. So einfach – und so schwer – ist das.

Beispiel aus dem Leben: Annett und ihr Traum von der eigenen Bäckerei

Meine Freundin Annett, gelernte Konditorin mit Herz und Leidenschaft, stand vor einigen Jahren genau vor dieser Entscheidung. Sie hatte die Idee, eine kleine Bio-Bäckerei zu eröffnen – aber keine 70.000 Euro auf dem Konto. Dank eines Gründerkredits und eines durchdachten Businessplans wurde dieser Traum Realität. Heute backt sie nicht nur preisgekrönte Roggenbrote, sondern zahlt ihren Kredit auch pünktlich zurück.

Ein Kredit als Chance. So einfach kann es sein – wenn man es richtig angeht.

Wann ein Kredit Fluch wird

Auf der anderen Seite sieht die Realität vieler Konsument*innen anders aus. Laut einer aktuellen Studie sind in Deutschland über sieben Millionen Menschen verschuldet. Ich rede hier nicht von Unternehmerdarlehen oder Finanzierung einer Eigentumswohnung. Ich meine Konsumschulden: das neue Smartphone, der Sommerurlaub, Weihnachten auf Pump.

Die Schuldenfalle – schleichend und perfide

Das Problem ist nicht der Kredit selbst, sondern sein Einsatz. Ein Verwendungszweck wie “Möbel für Insta-taugliche Wohnung” ist kein nachhaltiger finanzwirtschaftlicher Plan. Konsumschulden entstehen oft spontan, emotional und ohne Überblick.

  • „Nur 0 % Finanzierung, das klingt doch super!“
  • “15 Raten à 39 Euro – das merke ich doch gar nicht!”
  • “Alle machen’s doch!”

Spätestens wenn drei oder mehr solcher „Kleinigkeiten“ gleichzeitig laufen, fängt das große Zittern an – und der Kredit wird zum echten Fluch.

Wie man Kredite klug nutzt – Martinas Leitfaden

Damit du nicht in die bekannten Fallen tapst, hier mein persönlicher Leitfaden für einen gesunden Umgang mit dem Thema Kredit.

1. Realistische Budgetplanung

Bevor du auch nur daran denkst, einen Kredit aufzunehmen, brauchst du knallharte Zahlen:

  1. Wie viel verdienst du netto monatlich?
  2. Welche festen Ausgaben hast du?
  3. Wie hoch darf eine mögliche Kreditrate sein, ohne dich in Schweißausbrüche zu treiben?

Eine gute Faustregel: Die monatliche Kreditrate sollte niemals mehr als 20 % deines Nettoeinkommens ausmachen.

2. Verwendungszweck kritisch hinterfragen

“Brauch ich das wirklich?” – Diese Frage verdient ein ehrliches “Ja”. Ein Kredit sollte eine Investition in deine Zukunft sein, nicht in deinen kurzfristigen Konsum. Also: Ausbildung, Fortbildung, Unternehmensgründung, Baufinanzierung – ja. Sneaker in 14 Farben – nein.

3. Angebote vergleichen

Die Finanzwelt ist wie ein Wildpark: Viele wilde Tiere, aber auch nette Guides. Lies das Kleingedruckte. Schau dir den effektiven Jahreszins an, etwaige Bearbeitungsgebühren und Sondertilgungsmöglichkeiten.

  • Nutze Vergleichsportale mit Bedacht
  • Stell bei Unsicherheit Fragen – lieber zu viele als zu wenige
  • Hab keine Angst vorm Ablehnen: nicht jeder Kredit ist ein guter Kredit

4. Tilgungsplan haben (und einhalten)

Wer sich verschuldet, braucht auch einen konkreten Rückzahlungsplan. Und zwar einen, der nicht auf „wenn ich nächstes Jahr mehr verdiene“ basiert. Plan konservativ, kalkuliere mit dem Ist-Zustand. Und wenn’s besser läuft? Umso besser.

Emotionen beim Kredit – Ja, die spielen mit

Ich will ehrlich sein: Das Thema Schulden ist auch emotional. Niemand spricht gerne darüber. Viele verbinden damit Scham oder sogar Versagensgefühle. Aber das hilft niemandem. Kredite sind Werkzeuge, keine moralischen Urteile. Entscheidend ist, wie du sie verwendest.

Ich empfehle dir: Sprich offen mit Freund*innen oder einem*einer Finanzberater*in. Und wenn du schon in einer schwierigen Lage bist, gibt es immer Wege raus – Schuldnerberatungsstellen arbeiten vertraulich, seriös und helfen weiter.

Und übrigens: Wenn du glaubst, du könntest in eine solche Lage geraten, melde dich lieber jetzt als später. Verschweigen ist nie ein guter Finanzplan. Mehr Hilfe findest du übrigens auch über unser Kontaktformular.

Fazit: Dein Kredit, dein Kompass – aber du steuerst

Am Ende des Tages – oder besser: am Ende der Laufzeit – ist ein Kredit weder Gut noch Böse. Er ist ein Werkzeug. Er kann dir Türen öffnen oder dir Ketten anlegen. Die Frage ist: Bist du bereit, die Verantwortung zu übernehmen?

Wenn ja, dann nutze Kredite mit Verstand, Weitblick und einem Hauch gesunden Hausverstandes. Und vergiss nicht: Du bist nicht allein. Wir alle jonglieren mit Finanzen im Alltag – manche mit mehr, manche mit weniger Erfolg. Aber alle mit genug Mut, es besser zu machen.

Herzlich,
Martina Vogel

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Erfahrene Wirtschaftsjournalistin mit starkem Fokus auf Transparenz und gesellschaftliche Wirkung von Finanzen. Autorin preisgekrönter Kolumnen, Bloggerin und Analystin globaler Märkte. Neugierig, kritisch und engagiert für finanzielle Aufklärung.

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